Zusagen

Viele Menschen bringen sich selbst (gut gemeint und meistens unbewusst) dadurch in Bedrängnis, dass sie ihre Zusagen nicht oder nicht gut im Griff haben. Das ist menschlich. Warum? Wir wollen helfen und serviceorientiert sein, gegenüber unseren internen und externen Kunden.

Ein klassisches Beispiel: Angenommen, es ist 14 Uhr und Ihr direkter Vorgesetzter kommt herein. Sie und Ihr Chef sind sich einig, dass alles andere stehen und liegen zu bleiben hat und Sie sich sofort um das neue, unerwartete „Thema X“ kümmern. Angenommen, Sie gehen von einer Bearbeitungsdauer von zwei Stunden aus. Was sagen die meisten Menschen in einer solchen Situation zu? Einfache Rechnung: 14 Uhr plus zwei Stunden. Also 16 Uhr. Manch einer plant noch einen Mini-Puffer von 30 Minuten ein. Theoretisch ist alles bestens. Sie und ich wissen: Die Realität sieht anders aus. Wie sieht die durchschnittliche Relation zwischen der geplanten Dauer und der tatsächlichen Dauer aus? In etwa „1 zu 2“. Im Schnitt brauchen Menschen, die von zwei Stunden ausgehen im Endeffekt vier Stunden. Natürlich gibt es Menschen mit anderen Relationen, bspw. 1 zu 1,5 oder 1 zu 3 oder 1 zu 0,8. Letztere sind jedoch sehr selten. Was macht also in unserem „14-Uhr-Beispiel“ Sinn? Beispielsweise, dass man sagt: „Lieber Chef, ich setze mich sofort mit höchster Priorität dran. Sobald ich fertig bin, gebe ich ein Signal. Spätestens morgen früh, wenn Sie Ihre E-Mails abrufen, liegt es in Ihrem Posteingang.“

Welche Vorteile hat es, Zusagen ein wenig konservativer zu treffen? Sie haben weniger (unnötigen) Stress. Sie können also trödeln und unnötig Zeit verplempern. Nein, natürlich nicht. Aber Sie haben seltener unnötigen Zeitdruck durch eine Deadline, die von vornherein un-realistisch war. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass Sie für Ihre Geschäftspartner deutlich zuverlässiger sind. Dies wirkt sich positiv auf Ihre Reputation bei dieser Person aus. Weiterhin machen Sie anderen Personen das Arbeitsleben ein wenig leichter. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist es wesentlich lieber, wenn mir jemand eine etwas konservativere Zusage macht, aber ich mich darauf verlassen kann, dass die Zusage eingehalten wird. Lieber warte ich von vorneherein einen Tag länger, weiß aber, dass ich dann wie geplant mit dem Ergebnis weiterarbeiten kann.

Meiner Beobachtung nach geht in so gut wie allen Organisationen viel Zeit dadurch verloren, dass die einmal gemachte Planung wieder verändert werden muss, nur weil irgendein Teilschritt nicht wie geplant fertig geworden ist. Klar, manches ist nicht vorhersehbar. Aber viele Meilensteine, Zusagen und „Commitments“ sind von vorneherein nie realistisch gewesen und somit schon vor dem ersten Schritt zum Scheitern verurteilt.

Als Auftragsempfänger empfehle ich Ihnen auch, zu fragen, bis wann die andere Person das Ergebnis braucht. Ich garantiere Ihnen, dass Sie in mindestens zehn Prozent der Fälle überrascht sein werden, dass es noch ein wenig länger Zeit hat als angenommen. Und schon haben Sie wieder einen kleinen Anteil der Dringlichkeiten vermieden.

Die andere Seite der Medaille in Bezug auf Zusagen ist die Situation, in der Sie selbst der „Zusagen-Empfänger“ sind, also jemand anderes Ihnen eine Zusage macht. Meine klare Empfehlung hierzu lautet: Hinterfragen! Jemand macht beispielsweise die Zusage, dass die Tätigkeit am Mittwochmittag fertig ist. In der Regel hinterfrage ich dann (sofern arbeitsorganisatorisch relevant), ob das realistisch ist und ich mich darauf verlassen kann: „Prima, wenn Sie sicher sind, Mittwochmittag damit fertig zu sein, dann reserviere ich mir den Mittwochnachmittag, um dann an dem Thema weiter zu arbeiten. Ist das realistisch?“ Sie erhalten dann eine von zwei Antworten: entweder „Ja“ oder „Nein“.

Entweder Ihr Gegenüber bekräftigt die gemachte Zusage. Dann hat sich zwar scheinbar durch die Nachfrage nichts geändert, aber die gefühlte Verpflichtung, wie zugesagt abzuliefern, ist gerade gestiegen, weil es nach einem expliziten Nachfragen nochmals bekräftigt wurde. Somit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihre Planung umdisponieren müssen.

Natürlich kommt auf die obige Frage manchmal eine verneinende Antwort. Beliebt ist auch das Andeuten eines möglichen Hinderungsgrundes (oder auch einer Ausrede), der – scheinbar oder tatsächlich – außerhalb des eigenen Einflussbereichs liegt. Wenn es in diese Richtung geht, können Sie entgegnen: „Es ist für mich völlig in Ordnung, wenn Sie erst am Donnerstag fertig werden, solange ich mich dann ganz sicher darauf verlassen kann, am Freitag um 8 Uhr in der Früh hiermit weiter machen zu können. Können wir das gemeinsam festhalten?“

#Zuverlässigkeit #Stressreduktion # Zeitmanagement #Kommunikation #Planung #Verbindlichkeit


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